06.05.2012

Gerechtigkeit in Guantanamo

Im Guantanamo-Stützpunkt der USA stehen mutmaßliche Hauptdrahtzieher der 9/11-Anschläge derzeit vor einem amerikanischen Gericht. Die Angeklagten nahmen die ihnen zugedachte demütige Angeklagten-Rolle nicht ein, sondern verweigerten sich ihr, antworteten nicht, beteten, schrien dazwischen, wie ich Berichten von spiegel.de und welt.de entnehmen konnte.
[...] Allerdings ermahnte er [der Richter] einen Gefangenen, der sein Hemd öffnen wollte, um [...] Folterwunden zu zeigen. [...] (Quelle: Das dröhnende Schweigen der 9/11-Dschihadisten, Ansgar Graw, welt.de, 06.05.2012)
[...] Alle fünf Männer waren nach den 9/11-Anschlägen zunächst von der CIA entführt, jahrelang in Geheimgefängnissen festgehalten und dort gefoltert worden. Erst 2006 wurden sie in das Militärgefängnis Guantanamo Bay gebracht, dort wollte ihnen die Bush-Regierung vor Militärgerichten den Prozess machen. [...] (Quelle: Chaotische Szenen in Camp Justice, Matthias Gebauer, spiegel.de, 05.05.2012)
[...] 2008 [...] hatte KSM nicht geschwiegen [...] So beklagte er sich über das Waterboarding, einer [...] Folter [...], der er 183-mal unterzogen wurde. [...] (Quelle: Das dröhnende Schweigen der 9/11-Dschihadisten, Ansgar Graw, welt.de, 06.05.2012)
Dass die Angeklagten nach diesen Erfahrungen erst recht nichts von Rechtsprechung amerikanischer Einrichtungen halten, braucht niemanden wundern.

Eine Einrichtung auf dem USA-Stützpunkt Guantanamo, einem von Unrecht durchtränkten Ort, als "Camp Justice", also als Gerechtigkeitslager zu bezeichnen ist per se abstrus. Es ruft einmal mehr in Erinnerung, dass gerecht eben nur das ist, was derjenige, der das Wort nutzt, für richtig hält und keine intersubjektive Größe.

Dass hinter der Erwartung, hier einen Prozess durchziehen zu können, als stünde man auf Anfang, unfassbar viel Kaltblütigkeit und Ignoranz steckt, zeigt sich mir im folgenden Satz:
[...]  Obwohl die Regierung versprochen hat, keine unter Folter gewonnenen Erkenntnisse in dem neuen Anlauf benutzen zu wollen, schweben die Exzesse der Bush-Regierung noch immer wie ein Damoklesschwert über dem Verfahren. (Quelle: Chaotische Szenen in Camp Justice, Matthias Gebauer, spiegel.de, 05.05.2012)
Seit wann gewinnt man aus Folter Erkenntnisse? Und wie kann man allen Ernstes Menschen noch vor ein Gericht stellen, die man bereits jahrelang gefoltert und in Ketten gelegt hat und die man schon hunderte Male glauben gemacht hat, dass man sie gerade brutal ertränkt?

Eine widerliche rachedurstige Abartigkeit, um die herum man ein Gerichtsverfahren zelebriert, ist der Prozess.

Man sollte einsehen, dass man diese Menschen nicht mehr richten kann und eigentlich auch nicht mehr richten darf. Und man sollte aus Gerichtsverfahren nicht solch eine Farce machen.

Mehr dazu:

  1. Chaotische Szenen in Camp Justice, Matthias Gebauer, spiegel.de, 05.05.2012
  2. Das dröhnende Schweigen der 9/11-Dschihadisten, Ansgar Graw, welt.de, 06.05.2012
  3. Bilder zu "Camp Justice" sowie Artikel "Zehn Jahre Guantanamo: Jenseits von Amerika", Christoph von Marschall, tagesspiegel.de, 11.01.2012
  4. Guantanamo Bay Naval Base (Wikipedia)
  5. Gefangenenlager der Guantanamo Bay Naval Base (Wikipedia)

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